Risikobeurteilung

Wenn Sie auf dem Unionsmarkt Produkte in Verkehr bringen oder bereitstellen wollen, müssen diese Produkte den für sie geltenden Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union zur Produktsicherheit entsprechen. Die Rechtsvorschriften verlangen unter Anderem vom Hersteller eines Produktes, dass er eine nach Maßgabe der Rechtsvorschrift geeignete Risikoanalyse und –bewertung (Risikobeurteilung) ausführt.

Da die Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union zur Produktsicherheit von den einzelnen Mitgliedsstatten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) in nationales Recht umgesetzt sind, ist die Erstellung einer Risikobeurteilung gesetzlich vorgeschrieben und keine freiwillige Leistung!

Beispielhaft heißt es in der Richtlinie 2006/42/EG, Anhang I:

"Der Hersteller einer Maschine oder sein Bevollmächtigter hat dafür zu sorgen, dass eine Risikobeurteilung vorgenommen wird, um die für die Maschine geltenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen zu ermitteln. Die Maschine muss dann unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Risikobeurteilung konstruiert und gebaut werden."

Unter Berücksichtigung der Anmerkungen und Erläuterungen in der EN ISO 12100:2010, dem "Leitfaden für die Anwendung der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, Auflage 2.2 – Oktober 2019 (Aktualisierung der 2. Auflage)"* und dem "Leitfaden für die Umsetzung der Produktvorschriften der EU 2022 ("Blue Guide")** ergibt sich folgender Prozess zum Erstellen einer Risikobeurteilung nach Maschinenrichtlinie 2006/42/EG für ein Produkt:

  1. Über die Risikoanalyse (Kombination aus Festlegung der Grenzen der Maschine, Identifizierung der Gefährdungen und Risikoeinschätzung, siehe EN ISO 12100:2010, Abschnitt 3.15) die geltenden grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen (wesentlichen Anforderungen = gesetzlichen Anforderungen) für das Produkt ermitteln. Siehe Blue Guide, Abschnitt 4.1.1.

    Quelle: Leitfaden für die Umsetzung der Produktvorschriften der EU 2022 ("Blue Guide")

    Die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen gelten dann, wenn sie für die entsprechende Gefährdung zutreffend und notwendig sind. Anders ausgedrückt, eine grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderung gilt, wenn bei dem speziellen Maschinenmodell die betreffende Gefährdung auftritt. Siehe "Leitfaden für die Anwendung der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, Auflage 2.2 – Oktober 2019 (Aktualisierung der 2. Auflage)", Grundsatz 2, § 160.

  2. Im Anschluss an die Risikoanalyse muss eine Risikobewertung durchgeführt werden, um zu beurteilen, ob die Ziele zur Risikominderung erreicht wurden. Siehe EN ISO 12100:2010, Abschnitt 3.16 und 5.6.

    Hierbei definieren die wesentlichen Anforderungen, also die für die entsprechende Gefährdung zutreffende und notwendige geltende grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderung (innerhalb des EWR) bzw. andere gesetzliche Anforderungen (außerhalb des EWR), die zu erzielenden Ergebnisse oder abzuwendenden Gefahren der Risikominderung. Siehe Blue Guide, Abschnitt 4.1.1.

    Ist eine Risikominderung notwendig, sind geeignete Schutzmaßnahmen unter Berücksichtigung des dreistufigen iterativen Prozesses auszuwählen und anzuwenden. Siehe EN ISO 12100:2010, Abschnitt 6.1.

    Hierzu können die Schutzmaßnahmen zur Risikominderung nach Ermessen des Herstellers einer Norm oder anderen technischen Spezifikationen entnommen werden oder nach dem allgemeinen Stand der Technik oder Wissenschaft, der in der Literatur niedergelegt ist, entwickelt werden. Siehe Blue Guide, Abschnitt 4.1.1.

  3. Die Ziele zur Risikominderung wurden erreicht und das Risiko hinreichend vermindert, wenn die ausgewählten und angewendeten Schutzmaßnahmen zur Risikominderung, unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der Technik, zumindest den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Siehe EN ISO 12100, Abschnitt 3.18.

    Innerhalb des EWR also z. B. den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der Maschinenrichtlinie und/oder weiterer wesentlicher Anforderungen eventuell anwendbarer EU-Rechtsvorschriften.

* Zweck des "Leitfadens für die Anwendung der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG" ist, die Konzepte und Anforderungen der Richtlinie 2006/42/EG zu erläutern, um auf diese Weise für eine einheitliche Auslegung und Anwendung in der gesamten EU zu sorgen. Es ist zu beachten, dass ausschließlich die Maschinenrichtlinie und die Texte für die Umsetzung ihrer Bestimmungen in einzelstaatliches Recht rechtsverbindlich sind.

** Mit dem "Leitfaden für die Umsetzung der Produktvorschriften der EU 2022" (Veröffentlichung: ABl. C 247 vom 29.6.2022, S. 1–152) soll ein Beitrag zum besseren Verständnis der Produktvorschriften der EU sowie zu ihrer einheitlicheren und kohärenteren Anwendung in den verschiedenen Bereichen und im gesamten Binnenmarkt geleistet werden. Es ist zu beachten, dass es sich bei diesem Dokument lediglich um Leitlinien handelt - Rechtskraft kommt ausschließlich den jeweiligen Harmonisierungsrechtsakten der Union zu.

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